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Ferry flight LSZH-KTMB, N124MW, Oktober 2023

Im Oktober 2023 durften wir im Auftrag des Besitzers die Cirrus VisionJet SF50 G2 N124MW von Zürich nach Miami Executive überfliegen. Auf direktem Weg Zürich/LSZH – Miami Executive/KTMB wären es 4’256 NM / 7’882 km (Nautische Meile: 1,852 km).

Mit einer Reichweite der Cirrus SF50 VisionJet von ca. 1000 NM können solche Flüge nicht direkt durchgeführt werden, sondern führen über Island und Grönland. Mit diesem ‹Umweg› verlängert sich die Distanz auf 4667 NM / 8’643 km.

Für diesen Flug wählten wir den Flugweg von Zürich über Wick/EGPC in Schottland, wo das Survival Equipment übernommen wird. Anschliessend gehts an den Faröer-Inseln vorbei an die Ostküste von Island, nach Rejkjavik/BIRK. Dies ist das längste ‹Überwasser-Leg› dieses Fluges. Wenn das Wetter über dem Süden von Grönland sehr gut ist kann man den Weg via Narsarsuaq/BGBW an der Südspitze von Grönland nach nach Goose Bay/CYYR in Kanada zur ersten Landung auf dem Nordamerikanischen Kontinent wählen. Wir hatten sehr gutes Wetter und konnten via Narsarsuaq fliegen.

Flugweg Zürich – Wick/Schottland – Rejkjavik – Narsarsuaq – Goose Bay – Bangor/Maine, USA – Wilmingon/North Carolina – Miami Executive

Solche Trips sind auch für erfahrene Piloten immer wieder eine Herausforderung. Wetter, Technik des Flugzeuges und administrative Auflagen wie z.B. für die Einreise nach Kanada oder USA über einen kleineren Flugplatz verlangen entweder Erfahrung oder viel Zeit. Manchmal auch beides.

Frühmorgens steht die N124MW im Sektor 1 des Flughafens Zürich bereit für den Trip nach Florida.

Mit den aktuellen Windbedingungen wäre ein direkter Flug von Zürich nach Wick auf dem ATC-Flugplan Routing an diesem Tag nicht möglich gewesen. Der Flugplan wurde zwar nach Wick gefiled, aber die Fuel-Planung sah einen Tankstop in Newcastle, Edinburgh oder spätestens in Aberdeen vor.

Schon Zürich Departure Control half uns aber, das Ziel eventuell trotzdem direkt erreichen zu können. Nach dem Start auf Piste 32 in Zürich erhielten wir schon vor der Linkskurve auf dem VEBIT departure ein ‹proceed direct to TORPA›. Danke Züri Departure!

Später gab’s von Reims Control ein ‹direct GIVOR› und Maastricht Control war ebenfalls sehr entgegenkommend. So kam der vom Garmin G3000 berechnete ‹remaining fuel› von anfänglich 25 USG schon bald auf einen Wert von über 60 USG. Mit regnerischem und windigem Wetter in Wick mussten aber mindestens 70 USG remaining drin liegen, damit es nach einem Anflug in Wick auch noch für das Ausweichen nach Aberdeen plus die erforderlichen Reserven gereicht hätte.

Weil wir auf solchen Ferry-Flügen das Survival Equipment in der Regel erst in Wick bei ‹Far North Aviation‹ übernehmen, wollten wir den von Eurocontrol zugeteilten Flugweg weit weg von der englischen Küste, fast mitten über die Ostsee, so nicht abfliegen.

Ein höfliches ‹we got a routing far away from the coastline, but as this is a single engine aircraft request a routing closer to the eastern UK coastline› half, und schon koordinierte Maastricht Control mit der englischen Flugsicherung in London ein direktes Routing entlang der Ostküste von England. Its all about communication!

Hier noch das ursprüngliche Routing.

Nach diversen ‹direct routings› sowie ’non-standard FL310′ sah es gut aus für einen Direktflug bis Wick. Das Wetter dort mit heftigen Schauern und Seitenwind, hart an der sehr tiefen Grenze von ‹max demonstrated x-wind› der SF50 (wegen dem V-Leitwerk ist die maximale im Verlaufe der Erprobung erflogene Querwindkomponente nur grad 16 Knoten bei 100% Flaps, bei 50% Flaps ist sie 18 Knoten) machten uns noch ein bisschen Sorgen, welche dann aber vor Ort unbegründet waren.

Noch eine gute halbe Stunde bis Wick, erstes Zwischenziel fast in Sichtweite!

Mit direkten Radarvektoren von ‹Scottish› und einem kurzfristigen Pistenwechsel von 13 auf 31 gabs einen eleganten und ökonomischen Anflug. Vorher noch die typische Frage von Scottish contol: ‹what kind of service do you require?› Natürlich ‹deconflicting and traffic service please›. Für uns Mitteleuropäer doch etwas ungewohnt.

Nach der Landung in Wick/EGPC: remaining fuel nach dem engine shut-down 74 USG!

Betankung war schon bereit.

So konnten wir im C-Büro ‹under renovation› einen Pipi- and Coffee Stop durchführen und das Survival equipment übernehmen. Adrienne war bestens vorbereitet und wie immer in bester Stimmung. Thank you, Far North Crew!

Gute 2 1/2 Stunden später dann Anflug in Rejkjavik/BIRK, dem Stadt- und General Aviation Flugplatz der isländischen Hauptstadt.

RNP approach RWY 13 BIRK

Der isländische Zoll ist easy, zwei Formulare sind im Nu ausgefüllt, Flugzeug betankt, Triebwerk Oel nachgefüllt und Wetterbeurteilung durchgeführt.

Folgende Varianten stehen zur Auswahl:

  • direkt nach Söndrestromfjörd/BGSF, dem Flughafen an der Westküste Grönlands
  • Fuel stop in Kulusuk/BGKK, Ostküste Grönlands und von dort weiter nach Iqaluit, Nuunavut, Kanada
  • direkt nach Narsarsuaq/BGBW, nur bei sehr guten und stabilen Wetterbedingungen eine Option, weil aufgrund der Treibstoffreserven schon auf ca. FL200 im Sinkflug der Entscheid zu einem allfälligen Ausweichen nach Nuuk/BGGH nötig wäre.

Wetter in Kulusuk sehr gut, also nichts wie los.

routing BIKF – 63.00.00N/30.00.00W – 62.00.00N/40.00.00W – NA

Weil der NDB-DME Anflug in Narsarsuaq mit unserem Flugzeug, welches kein ADF installiert hat, nicht möglich ist benötigen wir den RNP Anflug. Dafür brauchts aber genügend GPS- sowie idealerweise einen EGNOS- oder WAAS Satelliten. Bei 63.00.00N/30.00.00W empfangen wir noch die EGNOS Satelliten 123 und 136, näher an Grönland dürfte das dann allerdings nicht mehr der Fall sein.

Unterdessen zieht Daniele seinen ‹controlled rest› ein. (vielleicht auch nicht so ‹controlled›)

Beste Wetterbedingungen an der Südspitze von Grönland! Sicht mindestens 50 Kilometer, kaum Wind.

Hier in der right hand base für den RNP approach06 BGBW, soon turning final 06.

right hand base RWY06 BGBW

Auf der Anfluggrundlinie / centerline des RNP approach 06. Zu unserem Erstaunen präzisieren immer noch die zwei EGNOS Satelliten 123 und 136 unsere GPS-Navigation.

RNP 06 Anflug BGBW, Narsarsuaq, Grönland

Faszinierende Aussicht: Mondlandschaft mit Eisbergen.

Auf dem Tarmac waren wir die einzigen, der Tankwart kümmerte sich sofort und liebenswert um uns.

Betankung in Narsarsuaq, Grönland

Die Dame im C-Büro hatte mir schon Tage im Voraus anlässlich meines Anmelde-Mails angekündigt, dass es doch einfacher wäre wenn Stoffel Aviation ein Konto bei ihnen hätte. So haben wir als ‹frequent visitor› jetzt ein Konto in Narsarsuaq.

Noch etwas zur Schreibweise dieses Ortes: da gibts alle möglichen Varianten, alleine auf der Kreditkartenabrechnung wird die Ortsbezeichnung verschieden geschrieben. Einmal zwei s, oder zwei Mal zwei ss, am besten wir halten uns kurz: BGBW.

Rechnung für Betankung und Landetaxe:

Nach weniger als einer Stunde turn-around waren wir bereits wieder westbound unterwegs, Ziel Goose Bay/CYYR, Kanada. Kurz vor Abflug noch den kanadischen Zoll über die genaue Ankunftszeit informieren, ansonsten tun die recht bucklig und man muss im Flugzeug warten bis die Zöllner eingetroffen sind. Vorher gab es aber noch eine unerwartete Entschlussfassungsübung nach dem Grundsatz ‹always expect the unexpected›.

Hier ist die Welt noch in Ordnung, immer noch über den letzten Halbinseln von Grönland.

Nach ca. einer halben Stunde Flugzeit kam die CAUTION ‹FUEL IMBALANCE›, welche bei einer Differenz von 15 USG zwischen dem linken und dem rechten Tank aufleuchtet. Für den technisch interessierten, aber ’nicht-SF50-kompetenten› Leser: die Tankumschaltung funktioniert automatisch. Alle zwei Gallonen gemäss Fuel Totalizer (Durchflussmesser) schaltet die Elektronik um. Die Fuel Quantity wird dabei nicht berücksichtigt.

Hmmm, eine CAUTION betreffend Fuel, und das über der Labradorsee, dem Meeresteil zwischen der Grönland-Ostküste und der kanadischen Westküste. Hier habe ich auf vielen Hundert Flügen über den Atlantik noch nie ein Schiff gesehen.

Definitiv nicht der richtige Ort für eine Wasserung resp. eine Landung am CAPS-Schirm wegen ‹fuel starvation›.

Der Verbrauch und das Total stimmen, aber die Fuel Quantity zeigt eine zunehmend grössere Asymmetrie an.

Checkliste für ‹FUEL IMBALANCE› abgearbeitet, keine Veränderung. Haben wir jetzt eine IMBALANCE oder nicht? Sollte das System wirklich nur FUEL aus dem linken Tank nehmen, d.h. wir hätten nur 148 USG zur Verfügung, dann hätten wir zwei Probleme:

  1. bei 50 USG IMBALANCE wird die rote ‹FUEL IMBALANCE› WARNING anzeigen, dass jetzt bei geringeren Geschwindigkeiten die Kontrolle um die Längsachse nicht mehr gewährleistet ist
  2. Wenn nur die Hälfte der total 296 USG zur Verfügung stehen, dann werden wir die kanadische Küste nicht erreichen.

Zurück nach Narsarsuaq?

Wenn die Verfahren gemäss Checkliste nicht weiter helfen, dann sollte der Verstand weiter helfen. Was wäre das klarste Symptom für eine grosse IMBALANCE? Natürlich das Verhalten des Flugzeuges!

Die Querrudertrimmung steht immer noch in der Mitte. Kann es sein dass der Autopilot die Asymmetrie ausgleicht, aber dann irgendwann überfordert ist, disconnected und das Flugzeug abrupt ‹rechts bank angle› gibt (der rechte Tank ist der angezeigt volle Tank)? Wir wissen, dass der Autopilot keinen Zugang zur Querrudertrimmung hat, d.h. er würde die ‹0° bank angle› nur mittels aileron servo halten. Somit war das trouble shooting klar: Autopilot ausschalten und prüfen wie sich das Flugzeug verhält. Noch sind wir nahe genug an Narsarsuaq, um auch auf einem Tank sicher dorthin zurück zu kommen.

Autopilot disonnected, dies bei unterdessen 57 USG Unterschied zwischen dem linken und dem rechten Tank: keine Reaktion, das Flugzeug fliegt schön geradeaus.

Aufschnaufen, alles deutet auf ein Anzeigeproblem hin.

Nach knapp 2 1/2 Stunden taucht die kanadische Küste auf, genauer gesagt die ‹Goose Bay›.

Trotz angezeigter Asymmetrie von unterdessen fast 80 USG fliegt die N124MW mit der Querrudertrimmung in der Mitte schön geradeaus.

Technische Betreuung ist in Goose Bay nicht zu erwarten. Wir gehen davon aus dass das Allerheilmittel der Airbus-Piloten in diesem Fall auch bei der Cirrus VisionJet helfen wird: alles abschalten, ein paar Minuten warten bis alle Schaltkreise wirklich stromlos sind, dann alles wieder aufstarten.

Der Totalizer, gespiesen vom Wert des Durchflussmessers, zeigt die effektiv in Schub umgesetzten 160 USG ‹used fuel›. Auch der ‹remaining fuel› ist gemäss Totalizer korrekt, es sind noch 144 USG in den Tanks.

Total falsch ist die Fuel Quantity Indication: Links noch 73 (richtig), rechts 148 USG (falsch), total 221 USG (falsch).

Die Leute von Irving Aviation sind bereit für einen raschen turn-around.

So rasch gehts dann aber doch nicht, noch fehlt das ok der (gefürchteten) US CBC (customs and border control).

Don’t mess with US Customs and Border Control!

EAPIS heisst das Ding, das sonst die transportierende Airline für die Passagiere macht. Wer aber nicht über einen der grossen Flughäfen einreist und zudem mit einem Kleinflugzeug selber fliegt, der muss das EAPIS selber erledigen.

Gut vorbereitet, Daten schon weit im Voraus raufgeladen, haben wir das Glück der Tüchtigen.

Ein letzter Anruf ins Customs Office in Bangor/Maine, und der Officer sagt die erhofften Worte:

‹You are good to go!›

Nach einer knappen Stunde ‹turn-around› sind wir bereits wieder unterwegs nach Südwesten. Nächstes Ziel Bangor/Maine, Einreise nach USA.

Sonne ist noch nicht untergegangen!

Auch die Tankanzeigen funktionieren wieder normal: ‹ein reboot ist immer gut›.

Nach guten zwei Stunden Flugzeit sind wir in Bangor, der US-Zollbeamte kommt rasch zum ‹Grüezi› sagen und schon ist die Einreise erledigt.

Bangor/Maine, USA

Weil alles so gut lief hängen wir noch ein Leg an. Die Suche nach einem Flugplatz irgendwo südlich von New York, mit günstigem Jet A fuel und einem Hotel möglichst nahe ergibt ‹Wilmington, North Carolina›.

New York aus FL300

In Wilmington ist’s dann doch schon 23:00 Lokalzeit als wir ankommen. Der Handling Agent hat per Mail aus Bangor keine Antwort mehr gegeben. Beim Reinrollen auf den Tarmac bemerken wir, dass alles dunkel ist. Rasch Deckel montieren, Uber bestellen. Leider sind alle Türen geschlossen, schlussendlich müssen wir über den Zaun klettern um aus dem Flugplatzgelände raus zu kommen.

Am anderen Morgen gibts dafür nur noch ein Leg bis Miami Executive, somit können wir uns leisten, erst nach 10:00 LT abzufliegen. Erst beim Morgenjogging entdeckten wir, dass wir nicht in Wilmington/Delaware, sondern in Wilmington/North Carolina waren.

Tafel am Ortseingang in Wilmington/North Carolina

Die SF50 VisionJet hat für die Betankung eine Limitation: um nicht zu viel Asymmetrie zu erzeugen, was dazu führen würde dass auf der schweren Seite der Hauptfahrwerkdämpfer zusammengedrückt wird, das Flugzeug auf eine Seite ‹einknickt› und dann über die Tankentlüftung Treibstoff ausfliesst, darf die Asymmetrie beim Betanken höchstens 75 USG / 283 Liter betragen. Das lieben die Tankwarte nicht so, müssen sie doch bei einer Tankmenge von mehr als total 150 USG / 566 Litern den erstbefüllten Tank noch nachfüllen. Die Crew in Wilmington/NC handhabte diese Auflage locker, indem sie beide Tanks gleichzeitig befüllten.

Betankung mit zwei Schläuchen in Wilmington/NC

Bald waren wir wieder südwärts unterwegs, rechts unten der Flugplatz Wilmington/NC.

Wilmington/North Carolina, KILM

Der Ostküste der Vereinigten Staaten entlang südwärts kommt irgendwann Cape Canaveral. Der Küste entlang zu sehen in Flugrichtung) die SpaceX landing zones 1 & 2 sowie der Space Launch Complex 36, die Homebase von Blue Origin sowie die legendäre Space-Shuttle Landepiste KXMR.

Cape Canaveral

Südlich von Miami kommt dann die legendäre Insel Key Biscayne, wo die Reise im August ursprünglich mal begonnen hat.

Key Biscayne

Schon bald sind wir im righthand downwind von KTMB / Miami Executive Airport

Miami Executive Airport

Hier wurden wir bereits erwartet, Flugzeug staubsaugen und im Hangar versorgen ist rasch erledigt.

Hangarierung in KTMB

Abflug Mittwochmorgen in Zürich, am Donnerstag um die Mittagszeit steht das Flugzeug in Miami im Hangar.

Ein paar Stunden später bringt uns LX65 überpünktlich zurück nach Zürich. Abflug Mittwochmorgen 0630 Lokalzeit, am Freitag zur Mittagszeit sind wir wieder in Zürich. Mission accomplished.

LX65 MIA-ZRH

Für Ferry-Flüge mit Kolbenmotorflugzeugen und Turboprop, vom Cirrus SR22 bis zur SF50 kontaktieren sie uns unter info@stoffelaviation.ch. Mit über 500 Atlantiküberquerungen ohne eine Beanstandung sind wir die richtige Adresse.